Kinderzeichnungen aus der Flüchtlings-Zeltstadt Dresden und #tankman

16. Oktober 2015 | Aktion, geZEICHNETes, Kinderkunst, unbezahlte Werbung | 4 Kommentare

Heute vor einer Woche konnte ich trotz der übervollen Woche und dem geplanten Wochenendbesuch bei den Großeltern mit dem Tochterkind in der Galerie John vorbeischauen, in der die Vernissage zu “Kinderzeichnungen aus der Flüchtlings-Zeltstadt Dresden” stattfand. Zusammen mit der Kulturperlen-Agentur wurden dort Kinderzeichnungen gezeigt, die im Dresdner Flüchtlingslager entstanden sind. Da ich meinen bisher ganz kleinen eigenen, minimalen Beitrag bei der Essenverteilung in der Zeltstadt Dresdenleisten konnte und einigen dieser Kinder bereits eine Obsttüte in die Hand gedrückt habe, war mir der Besuch besonders wichtig.

Das Tochterkind ist nun bereits ein Vorschulkind und so langsam beginnt sie die Welt zu hinterfragen. Für mein gerade auf Blogreise wanderndes Kinderbuch ist sie zwar noch ein bisschen zu jung, aber ihr kindgerecht zu erklären, warum Menschen in Zeltlagern leben, woher sie kommen und warum ich an Wochenenden versuche zu helfen, kann wohl nicht früh genug sein. Zunächst war für sie am interessantesten, dass sich das Mädchen auf der Einladungskarte genauso porträtiert hatte, wie alle Vorschulkinder in ihrem Kindergarten und damit auch sie selbst: ein Kindergesicht und daneben der selbstgeschriebene Name. Am Tag vor dem Vernissage-Besuch nahm sie deshalb die Einladungskarte mit den Kindergarten und konnte dort direkt vergleichen.

Bevor der Mann es geschafft hatte, die Kinder einzusammeln, Sachen zu packen und mit dem wochenendbesuchsbereiten Auto quer durch die Stadt zu fahren, hatte ich genügend Zeit, mir die Kinderzeichnungen anzuschauen. Mit den Augen eines Erwachsenen sieht man dort viel, was mich sehr bewegt hat – brennende Häuser, Kinder in Booten, SOS-Zeichen … Dazu hatte ich die Erzählung einer Kollegin im Ohr, die von der Vermutung seitens Psychologen berichtete, dass Kriegskinder Körperumrisse häufiger mit blauer Farbe malen würden, weil sie selbst bereits (blaue) tote Kinder gesehen haben.

Um so mehr war es mir – gerade in meiner Stadt – wichtig, die bislang heile Kinderwelt meiner Tochter mit dieser harten Realität zu konfrontieren, wobei es selbst mir schwer fällt, ihr zu erklären, warum diese Familien bei den derzeitigen viel zu kalten Temperaturen bis zum Eröffnungstag dieser Ausstellung in unbeheizbaren Zelten (über)leben mussten.

Die Tochter konnte an diesem Abend das gleichaltrige Kind, das sich auf der Einladungskarte selbst gezeichnet hat, persönlich kennenlernen und sie saßen eine Weile nebeneinander. Ich bin sehr dankbar, dass diese direkte Begegnung möglich war. Viel erzählt hat sie zwar bislang davon noch nicht, aber Tage später meinte sie, dass sich das Mädchen doch etwas dunkler hätte zeichnen müssen, da ihre Haut nicht so weiß gewesen wäre. Von den Blogeinnahmen haben wir übrigens von dem kleinen Mädchen ein weiteres Bild  – das seinen Platz im Kinderzimmer finden wird – gekauft und den Betrag damit gespendet.

Zwischen den Kinderzeichnungen seht ihr meinen “Tank Man”, den ich am Vormittag von der kostenlos zugänglichen Kunstinstallation “Made in China” aus dem Albertinum in Dresden mitnehmen konnte. Auch wenn wir sonst versuchen die Plastikgegenstände in unserem Alltag möglichst zu reduzieren, zählt in diesem Fall wohl mehr die Grundidee dahinter. 5000 Figuren, die den bis heute unbekannten Mann nachbilden, der sich 1989 den Panzern in Peking vor der blutigen Niederschlagung der Demokratiebewegung entgegenstellte, sind dort aufgereiht.

Jeder der ein Demokratiestatement auf einem kleinen Zettel hinterlässt, kann sich seinen “Tank Man” mitnehmen und ihn an einen Ort seiner Wahl bringen. Zivilcourage – wie dieser Chinese, der wohl mit Mantel und Tasche gerade auf dem Weg nach Hause war – zu zeigen, ist wohl auch in diesen Tagen bitter nötig. Noch stehen recht viele “Tank Man” da und warten auf Abholung ….  

Verlinkt auch bei #bloggerfürflüchtlinge, #meinfreundsalim und Kind of Art von Philuko.

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Kreativtagebuch einer Kunsthistorikerin mit (Ehe)Mann, zwei Schulkindern (*01/2010 & 07/2013) und einem Kindergartenkind (*09/2017) im Projekt Vierseithof (*1768) in Dresden wohnend, gerne die Welt bereisend.

4 Kommentare

  1. Und ein Kind hat den kleinen Jungen im Meer gemalt. Es sticht ins Herz.

    Antworten
  2. Vielen Dank für diesen Beitrag.
    Es ist so gut, dass du das tust und dass du es deiner Tochter erklärst.
    Ich war mit meinen Kindern auch schon mit Flüchtlingskindern spielen.
    Sie kommen auch manchmal zur Hausaufgabenhilfe, die ich als Hilfe für die Kinder anbiete, mit.
    Sie gehen sehr offen miteinander um und so hoffe ich, dass meine Kinder ohne Vorbehalte
    gemeinsam mit den Flüchtlingskindern in unserer Stadt aufwachsen, gemeinsam lachen und Kind sein können.
    Liebe Grüße, Jana
    Ich hoffe auch sehr, dass die Flüchtlinge aus der Zeltstadt bald in winterfeste Unterkünfte in die Komunen kommen.

    Antworten
  3. Ja, das sind wirklich beeindruckende Kinderzeichnungen. Schön das die Kinder mit dem Malen ihre Erlebnisse verarbeiten können.
    Ehrlich gesagt ich finde DAS alles so schrecklich und es macht mich total wütend und hilflos.
    Vor allem weil ich nun selber Hilfe brauche, ich muss mir dringend eine neue Wohnung suchen, da demnächst hier ca 20 Flüchtlinge einziehen werden. Diesen Menschen stehe ich dann allein gegenüber. Genaues kann mir keiner sagen, aber ich habe Angst vor dem was nun kommt. Die Ungewissheit lässt mich nachts nicht mehr schlafen. Eine Ersatzraumwohnung wird mir nicht angeboten wahrscheinlich weil die "Komunen" <<<<wer soll das eigentlich sein??? selber nicht wissen wo es nun lang geht.
    Ich hab auf jeden Fall schon mal den Bürgermeister bis zum Landrat alles zugetextet.
    Meine Gemeinde ist in der Verantwortung auch mir zu helfen, ich bin Bürger dieser Stadt, und brauche auch Hilfe. Oder muss ich mich erst aus meiner Wohnung zwangsräumen lassen, damit ich Hilfe von der Obrigkeit bekommen kann? DAS kann doch auch keine Lösung sein.
    Ich bin fertig, fix und fertig, meine Nerven halten das echt nicht aus.
    Ja die Flüchtlinge tun mir leid, aber ich tu mir nun auch selber leid.
    Viele Grüsse von Anonyma da bloglos

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    • Liebe Anonyma, so wie es nicht "die Flüchtlinge" sind, sondern in erster Linie Menschen, hinter denen einen Einzelschicksal steht, muss auch in diesem Fall der Hintergrund dazu sicherlich beachtet werden. Ich wünsche Ihnen jedenfalls, dass es auch für Sie eine gute Lösung geben wird.

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