Weil Kinder Zeit brauchen. Personalschlüssel in Sachsens Kitas.

27. August 2014 | Kindergarten, unbezahlte Werbung | 3 Kommentare

So langsam entwickelt sich das Tochterkind zur richtig professionellen Demonstrantin, denn gestern hat sie an ihrem immerhin schon dritten Protestzug teilgenommen. Nach dem Elternprotestund dem Hebammentagsind wir diesmal für einen besseren Betreuungsschlüssel in den Kindergärten auf die Straße gegangen. Das alle drei in nur einem Jahr stattfanden, spricht wohl für sich.

Organsiert hat den Protestzug das Bündnis “Weil Kinder Zeit brauchen” und eigentlich sollten Erzieher, Eltern und Kinder aus ganz Sachsen daran teilnehmen. Es war zwar schon ein ordentlich großer Protestzug, der vom Postplatz bis zum Carolaplatz gelaufen ist, aber in Anbetracht der Zahl der Betroffenen hätten es eigentlich noch viel mehr sein müssen. Unser Kindergarten macht 15:30 Uhr komplett zu und alle Erzieher sowie viele Eltern sind mitgelaufen.

Einer Farce glich es, dass ausgerechnet die im Land regierende Partei Wahlwerbung unter den Protestlern verteilte, während der Ministerpräsident wenige Tage zuvor wirklich haarsträubende Vorschlägenöffentlich verkündet hat, die jedes studierte Fachpersonal persönlich beleidigen – von den Auswirkungen auf die Kinder mal ganz abgesehen.

Das ausgerechnet meine Stadt, die deutschlandweite die höchsten Geburtenrate hat, sich so wenig um die Betreuungsschlüssel kümmert, ist beschämend. Bei den unter 3jährigen werden oftmals gleich neun Kinder von einer Person betreut (auch das ist ein Grund, warum wir den kleinen Bruder ganz bald der allerbesten Tagesmutterin den Arm drücken werden) und in den Kindergärten sieht es nicht wirlich besser aus. Da fast alle aus meinem Freundeskreis – und dazu gehören auch mehrere 3-Kind-Familien – nach dem ersten Jahr und einige sogar bereits zuvor freiwillig wieder arbeiten gehen, verschärft sich diese Situation sicherlich noch.

Die Demonstration endete mit dem anbringen vieler “Betreuungsschlüssel” an den Türen des Ministerium. Unglaublicherweise öffnete ausgerechnet der netteste des Wachdienstpersonals, der mir als Mitarbeiter einer kulturellen Institution regelmäßig den Sonderzugang zur Ministeriumskantine ermöglicht, dienstüberbeflissen die Tür und entfernte noch während der Veranstaltung unter skandierenden “Schämt euch!”-Rufen bereits einen Großteil der Schlüssel.

Da selbst die Veranstalter mitteilten, dass sie die Mahnschlüssel doch nach(!) der Veranstaltung selbst entfernen würden und ich bestätigen kann, dass nach einer Nacht nur noch zwei kleine Bändchen an die Aktion erinnern, frage ich mich tatsächlich ein bisschen, was man damit erreicht. Warum positioniert man sich nicht direkt unter den Büroräumen und warum können die Vorschriften nicht zulassen, dass die Demonstrationsportestzeugen nicht wenigstens 24h hängen bleiben dürfen, damit die Ministeriumsmitarbeiter sie wenigstens am nächsten Tag nochmal sehen ….

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Kreativtagebuch einer Kunsthistorikerin mit (Ehe)Mann, zwei Schulkindern (*01/2010 & 07/2013) und einem Kindergartenkind (*09/2017) im Projekt Vierseithof (*1768) in Dresden wohnend, gerne die Welt bereisend.

3 Kommentare

  1. Die Kampagne ist nicht neu und läuft leider schon viele Jahre. Geändert hat sich immer noch nichts, was ziemlich ärgerlich und traurig ist. Die Kampagne ist aber immer noch wichtig, nur erreicht sie alle? Der Personalschlüssel ist ja auch eine Rechnungsgröße – bei wieviel Kindern mit wieviel Stunden habe ich insgesamt wieviel Personalstunden? Damit hat nicht jede Gruppe mit einem Erzieher 13 Kinder, nein. Es muss Vorbereitungszeit mit abgedeckt werden, Weiterbildung und Urlaub. Auch Früh- und Spätdienste … sorry, ich hoffe nach der Wahl verändert sich was und genug Menschen haben dieses Thema kommenden Sonntag vor Augen!
    Liebe Grüße Stefanie

    Antworten
    • Um so schlimmer, dass ich es jetzt so richtig mitbekommen habe …

      Antworten
  2. Ich arbeite in der Jugendhilfe und auch bei uns ins das Thema Personalschlüssel immer wieder Thema. Ich finde es furchtbar, dass die Kinder, die bei uns leben ständig zu kurz kommen, weil wir einfach zu wenige Mitarbeiter sind – und natürlich auch nicht mehr vorgesehen sind. Mir tut das im Herzen weh, den Kindern ständig sagen zu müssen, dass ich erst später für sie Zeit habe, weil ich mich jetzt gerade um ein anderes Kind kümmere…

    Lieben Gruß,
    Sumsel

    Antworten

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