Zum achten Geburtstag bekam die Tochter ein erstes Mama-Tochter-Nähbuch und es entstand damals der Plan, dass wir regelmäßig zusammen nähen. Dann fehlte aber durch die Zimmerneuverteilung erst der Nähplatz komplett und nun wird seit Monaten der Dachboden ausgebaut. Tatsächlich arbeiten wir aber schon sehr lange an einem gemeinsamen Projekt, wobei die Exklusivzeit so sehr beschränkt ist, dass wir nur extrem schleppend vorankommen. Die Neuerscheinung “Der große Nadelzauber. Tolle Nähideen für Mädels.“* ist daher auch mit der Hoffnung verbunden, dass es nicht nur beim Buch durchblättern bleibt, sondern wirklich im kommenden Jahr gemeinsam genäht werden kann. Bei drei Kindern ist das gar nicht so einfach Zeit dafür zu finden ohne gleich alle drei an den Maschinen zu beschäftigen.
Wenn ich den Hinweis auf meinem Exemplar richtig deute, sind in der gebundenen Neuausgabe mit immerhin 176 Seiten Umfang gleich zwei – vermutlich frühere – Titel zusammengefasst, denn die Publikation wird als Doppelband angepriesen. Die Autorin Ruth Laing ist vom Fach, denn sie hat neben einer Schneiderlehre, ein Studium der Maschinenkonfektionstechnik gefolgt vom Studium der Bekleidungstechnik absolviert und war Redakteurin bei einem Modeverlag. Das klingt recht beeindruckend. Über die Autorin erfährt man aber im Buch nichts, denn es folgt sofort ein Einstieg, der sich direkt an das nähende Kind wendet: “Ich habe noch nie genäht”. Es folgt eine Einführung für die Nähmaschine, Nähtraining, Materialkunde und Werkzeugkunde bevor der Hauptteil mit 32 Projekten folgt.
Wie häufig bei Kindernähprojekten dominieren dabei Beutel oder Taschen in immerhin zehn verschiedenen Varianten gefolgt von Kissen sowie kleine praktische Nähprojekten, wie Lesezeichen, Sofataschen, Rollmäppchen oder ein Fuchskissen. Modern will man sicherlich mit iPod-Hülle, und Handclutch sein. Das letzte Projekt ist aber sogar ein Rock und damit der Einstieg in die Kleidungsnähwelt. Der Text der Anleitung ist durchgängig in der Du-Form geschrieben und spricht das Kind direkt an. In bunten Seitenblasen wird jeweils der Schwierigkeitsgrad, das Material und Werkzeug angegeben. Die einzelnen Nähschritte sind mit schematischen Zeichnungen illustriert, die aber immer von einem Text begleitet werden. Etwas merkwürdig wirken die Nähübungen auf S. 131, die mitten im Buch zwischen zwei Projekten eingeschoben sind. Die hätte ich eher am Anfang erwartet.
Es ist aber auf jeden ein Kindernähbuch das Spaß macht, denn die Projekte sind so gut beschrieben und die Abbildungen so freundlich klar, dass man sofort Lust bekommt los zunähen. Am Ende des Buches folgen die Schnittmuster, die nicht auf einem Einzelbogen mitgegeben werden, sondern auf den festen Buchseiten übereinander gedruckt sind. Auf den Seiten wird aber eine Internetadresse verwiesen, auf der man ein *.pdf öffnen kann. Dort sind die Schnittmuster einzeln angeordnet, so dass die Abpauserei entfällt und das Kind nach Ausdruck wirklich das Schnittmuster ausdrucken kann, das benötigt wird. Die Nähübungen hätten als Internetausdrucksmöglichkeit gerne dabei sein dürfen.
Nach der Tochter werden dann sicherlich auch bald die beiden Söhne an die Nähmaschine wollen und natürlich kann man damit argumentieren, dass Haarbänder und Schmuckuntensilo eher in die Mädchenwelt gehören. Ein bisschen stört mich die Ausrichtung auf Mädchenwelt selbst im Untertitel dieses Buches aber schon. Es transportiert viel Schubladendenken und Rollenklischees, die auch in der Kindernähbuchwelt gerne abgeschafft werden könnten. Vielleicht folgt bei der Autorin aber auch noch ein Buch mit Nähideen für Jungs?
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