Rezension: Der kleine Fischer Tong

28. August 2014 | Anzeige, Kinder-Lesestoff, Kinderbücher (6-10 Jahre), Rezensionen, unbezahlte Werbung | 4 Kommentare

Noch nie hat mich ein Kinderbuch so zweispältig gestimmt, wie “Der kleine Fischer Tong“* des chinesisch-französischen Illustrators und Autors Chen Jianghong. Das erst vor wenigen Tagen vom Moritz Verlag auf den Markt gebrachte, mit fast 30 cm überraschend großformatige, Buch überzeugt zunächst durch seine künstlerische Qualität, denn die Zeichnungen entstehen mit Tusche auf Reispapier.

Abbildung vom Moritz-Verlag

Erzählt wird die Geschichte – die unter dem französischen Orginaltitel “Le petit pêcheur et le squelette“* verlegt wurde – eines Fischerkindes, der trotz der Warnung seines Vaters bei einem drohenden Unwetter auf das Meer hinausfährt. Im Sturm fängt er als vermeintlich besonders großen Fisch – ein Skelett! An dieser Stelle überlegt man als Erwachsener etwas ungläubig, ob man tatsächlich ein Buch für die Altersstufe 6-8 Jahre in den Händen hält. Die Illustrationen zum Skelettmann und das Entsetzen des kleinen Fischers, der versucht zu fliehen, sind so bildgewaltig, dass man tatsächlich den Atem anhält und sich ordentlich gruselt.

Abbildung vom Moritz-Verlag

Der kleine Fischer im Buch wird sogar ohnmächtig und das Skelett trägt ihn daraufhin in seine Fischerhütte. Wieder zu sich gekommen, teilt der kleine Fischer mit dem sehr unglücklichen und frierenden Gerippe seinen Fischfang und sogar die letzte Schale Suppe. Spätestens an dieser Stelle beginnt man das Gerippe sehr zu mögen! Überraschenderweise verwandelt sich das Skelett zurück in einen Fischer, wobei unklar bleibt, ob es sich dabei nicht sogar um den Vater des Fischers handeln könnte und die beiden fahren von da an zusammen auf das Meer.

Abbildung vom Moritz-Verlag

Die sehr tiefgründige Geschichte handelt also davon, welches (Lebens?)Glück man finden kann, wenn man seine Angst vor dem Unbekannten überwindet. Der Mann an meiner Seite befürchtet aber trotz des positiven und farbenfrohen (!) Ausgangs der Geschichte, dass der bereits uns Erwachsene verstörende Anblick des Gerippes, bei jungen Leser zu Alpträumen führen könnte.

Auch ich bin der Überzeugung, dass man diese Publikation keinem Kind in die Hand drücken kann, damit es einfach mal durchblättert. Es ist ein Kinderbuch, bei dem sich die Erwachsenen Zeit nehmen müssen, um die Geschichte gemeinsam zu lesen. Andererseits gehen Kinder ganz anders mit dem Thema Tod und Skelettdarstellungen um und ich bin mir gar nicht so sicher, ob die Bilder so sehr verschrecken, wie der Erwachsenenblick zunächst vermuten lässt. Für 18,00 € ist das Buch im Handel* erhältlich. Wir sind nun sehr unschlüssig, ob wir diesen Kinderbuchschatz dem nächsten Freundeskreiskind in die Schultüte stecken oder ob es doch erstmal bei uns bleibt.

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Kreativtagebuch einer Kunsthistorikerin mit (Ehe)Mann, zwei Schulkindern (*01/2010 & 07/2013) und einem Kindergartenkind (*09/2017) im Projekt Vierseithof (*1768) in Dresden wohnend, gerne die Welt bereisend.

4 Kommentare

  1. Danke für diese interessante Rezension. Meine Erfahrung ist bisher, dass eher die Erwachsenen erschreckt sind, da wir viel schneller schon bewerten und Kinder eher erstmal wahrnehmen. Bei meinem Sohn sehe ich auch immer wieder dass er sich bewusst Dinge anschaut, die auch mit Ängsten verbunden sind um sich damit auseinander zu setzen.
    Generell denke ich wäre es ein Buch, das man auf jeden Fall zusammen anschauen sollte und dabei kann es bestimmt interessante Gespräche geben. Ich hab mir das Buch mal auf meine Bilderbuchmerkliste gesetzt. Totenkopfdarstellungen sind ja mittlerweile auch richtig in Mode und wir haben da schon öfter auch mit den Erziehern unseres Sohnes drüber geredet, da er ein Totenkopf T-shirt hat und die Erzieher das nicht gerne sehen. Ich denk so ein Bilderbuch könnte auch hier ein interessantes Gespräch anregen…
    Im übrigen will ich an der Stelle auch mal sagen, dass ich dein Blog mag!
    Liebe Grüße
    Barbara

    Antworten
    • Hab Dank für deinen ausführlichen Kommentar – und natürlich auch für das Bloglob. Gefreut habe ich mich über beides ….

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  2. Schöne Rezension :). Ich habe dieses Buch mit meinem 4jährigen oft gelesen und stimme absolut zu, dass das begleitet werden muss.

    Das gruslige Skelett war bei uns aber nie ein Thema.
    Eher dass das Kind allein ist und die Verwandlung haben meinen Sohn beschäftigt.

    Das wichtige ist, glaube ich, eine gute Auflösung der Spannung. Das ist ja für Tong gegeben.

    Antworten
    • Mit so großem Abstand freuen mich solche Kommentare natürlich immer besonders – damals war unser erstes Kind noch so klein, dass wir das Buch dann doch verschenkt haben. Heute traue ich dem ein bisschen nach, denn es wäre doch eine Besonderheit im Kinderbuchregal geblieben.

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